Aus der "Fritzlar-Homberger Allgemeine" vom 21.12.2010 :
Wabern. Wenn Norbert Ulbrich in diesen Tagen die Zeitung aufschlägt und von der Diskussion um die Entschädigung für ehemalige Heimkinder liest, betrifft ihn das ganz persönlich. Er selbst sei als Kind in mehreren Kinderheimen Gewalt ausgesetzt gewesen, erzählt der 65-Jährige aus Wabern, und berichtet von Schlägen mit einem Rohrstock auf den Po.
Der Autor und seine Autobiographie: Norbert Ulbrich hat sein Leben zu einem Buch verarbeitet. Foto: Dellit
Bewegt sei sein Leben gewesen, sagt der Waberner, der unter anderem im Karlshof als Erzieher gearbeitet hat. Jetzt hat er seine Autobiographie geschrieben. Erhältlich ist sie als "Book on Demand", das heißt, sie wird auf Bestellung für die Leser gedruckt.
Unehelich geboren
"Von vaterloser Kindheit zum entsorgten Vater", lautet der Untertitel des Buches, und das ist Ulbrichs Lebensthema. Als uneheliches Kind geboren, erzählte ihm seine Mutter von einem Mann, der sein Vater sei. Doch der wirkliche Vater war ein anderer.
Die Pakete, die Ulbrich als Kind in der DDR erhielt, stammten so auch nicht von den echten Großeltern, sondern von Bekannten, die in Afrika eine Farm hatten. Als er im Kinderheim vom großen Anwesen in Afrika erzählte, wurde er als "Opekta-Farmer" (so der Titel des Buches) verspottet. Opekta ist ein Geliermittel für Marmelade.
Als er 19 war, fand Ulbrich seinen wahren Vater, der Fotograf war. Zwei Stunden saßen sie zusammen – die erste und letzte Begegnung von Vater und Sohn.
Auch Ulbrichs eigene Vaterschaft stand unter keinem guten Stern. Das Kind aus der ersten Ehe sei wahrscheinlich gar nicht von ihm gewesen, vermutet der Autor. Mit seiner zweiten Frau hatte der Waberner drei Kinder, eines davon starb. Nach der Scheidung von seiner Frau sei der Kontakt zu den beiden Söhnen gut gewesen, bis ein neuer Mann ins Leben der Mutter trat.
Beide Söhne hätten schließlich den Kontakt zu ihm abgebrochen, beschreibt Ulbrich. Laut Gericht habe er wegen dieses Verhaltens des einen Sohnes auch keinen Unterhalt zahlen müssen, sagt der "entsorgte Vater".
Als UIbrich versuchte Kontakt zur Schwiegertochter aufzunehmen, habe die ihm gesagt, er könne ihr nichts Neues erzählen, sie wolle nichts von ihm wissen. Dabei, so sagt der Waberner, habe er so viel zu erzählen. Das hat er nun in Buchform getan. Sein Werk richte sich aber auch an Vätervereine und -gruppen. Ulbrich selbst ist im Verein "Väteraufbruch für Kinder" aktiv.
• H.-Norbert Ulbrich: "Der Opektafarmer – Von vaterloser Kindheit zum entsorgten Vater", Books on Demand, 196 Seiten, 12,90 Euro.
Von Olaf Dellit
(Quelle: www.HNA.de)